Zu guter Letzt … (November 2023)

Die monatliche Kolumne von Carsten Sann

Gibt Dir das Leben Zitronen, dann mach Limonade daraus. Eine Anregung aus der Praxis von Carsten Sann.

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Wo bitte geht es zu meinem Planeten?

Wenn das eigene Betriebssystem im Vergleich zu anderen Menschen zu optimistisch, gutgläubig oder gar naiv erscheint.

Ich glaube, ich bin auf diesem Planenten einfach falsch, ist ein Gedanken, der immer mal wieder aufkommt. Kennt Ihr ihn auch?

Denn, wie kann es sein, dass Menschen sich respektlos behandeln, sich gegenseitig Schmerz zufügen oder andere absichtlich schädigen? Für uns unvorstellbar und nicht Teil unserer grundlegenden Ausstattung. Denn wir unterstellen immer erst einmal gute Absichten, neigen dazu Menschen beim Wort zu nehmen und sind überzeugt davon, dass ein gutes menschliches Miteinander wirklich gelingen kann.

Und natürlich stellen wir immer wieder fest, dass viele Menschen nicht so ticken wie wir, dass sie böse Absicht unterstellen, wo wir nach dem Grund für das Verhalten fragen. Oder sie sind generell misstrauisch gegenüber ihren Mitmenschen, wenn wir davon ausgehen, dass diese meinen, was sie sagen. Sind wir also fürchterlich naiv oder zu gutgläubig?

Wenn wir das wären, müssten wir theoretisch immer wieder in blöde Situationen geraten, in denen andere uns zu ihrem Vorteil ausnutzen oder schlimmeres, tun wir aber nicht. Was also bewahrt uns davor? Und gibt es Menschen auf diesem Planeten, denen es ähnlich geht?

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Mein persönliches Glaubensbekenntnis

Erst an dem Tag, an dem mir tatsächlich eine Atombombe auf den Kopf fällt, werde ich meinen Optimismus verlieren und aufhören, an meiner Überzeugung festzuhalten, dass die Menschheit die Kurve kriegen wird. Ich lebe und handle entsprechend, und trage meinen Teil zum Gelingen bei. Bis zu diesem Tag, möge er nie kommen, ist jeder Moment, den ich in Angst vor all den Schreckensbildern aus den Medien verbringe, eine verschwendete Gelegenheit, glücklich zu sein.

No, we can’t. Or … can we?

In unserer Gesellschaft wird Leistung verehrt wie das goldene Kalb. Wer (in den Augen der anderen) nichts leistet, ist nichts wert. Noch mehr verehrt werden diejenigen, die besonders hart zu sich selbst sind und ohne zu zaudern und zu zagen ihre Zielen verfolgen …

Ich selbst halte von diesem Ideal nichts, denn es ist überzeichnet und gibt vielen wichtigen Aspekten des Menschseins – Mitgefühl, Liebe, “Sein” – zu wenig Raum.

Aber: Wie immer steckt darin ein wahrer Kern und wenn man den virtuellen Lautstärkeregler des überzeichneten Ideals ein paar Stufen zurückdreht, dann kann man leicht erkennen, dass das Bild des “Machers” sehr wertvoll ist, ja für die eigene Entfaltung und Entwicklung sogar unabdingbar.

In “esoterischen Kreisen” wird viel Wert auf Meditation, Stille und “sein statt tun” gelegt. Auch wenn ich grundsätzlich zustimme, dass diese Aspekte im Alltag bei fast allen zu kurz kommen, bin ich dennoch der Meinung, dass es genauso hinderlich ist, das Tun zu vernachlässigen. Menschen neigen dazu, in Extremen zu denken, doch die Natur zeigt, dass Extreme die große Ausnahme sind. Dementsprechend glaube ich, dass die Welt weder so gemeint ist, dass wir “im Schweiße unseres Angesichts unser täglich Brot verdienen müssen” (es darf auch leicht gehen) noch befinden wir uns im Schlaraffenland, in dem uns die gebratenen Tauben von selbst in den Mund fliegen (wir müssen aktiv handeln, um das zu erreichen, was wir wollen).

Ich glaube, dass jeder Mensch mit einer grundlegenden charakterlichen Konstitution auf die Welt kommt. Ich bin jedoch auch davon überzeugt, dass man diese verändern kann. Ein Beispiel für so einen konstitutionellen Charakterzug ist die Art und Weise, wie wir automatisch (also initial und ohne darüber nachzudenken) auf Herausforderungen reagieren.

Manche Menschen, dazu gehöre ich auch, denken, wenn sie mit einem Hindernis konfrontiert sind, zuerst in die Richtung: “Was muss ich tun, um das Hindernis zu umgehen oder zu beseitigen?” Anderen Menschen gehen in so einer Situation zuerst die Gründe durch den Kopf, warum sie das verfolgte Ziel aufgrund des Hindernisses auf gar keinen Fall mehr erreichen können. Beide Charakteristika kann ich immer wieder in unterschiedlich deutlichen Ausprägungen im Alltag sehen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass ich hier nur über eine Prädisposition rede, das heißt, der Mensch, der dazu neigt den Stier bei den Hörnern zu fassen wird (hoffentlich) erkennen, wenn es Zeit ist, das Ziel zu verändern, weil die Hindernisse einfach zu groß sind, und derjenige, der sich zuerst machtlos fühlt, wird hoffentlich doch noch ins Handeln kommen, damit er nicht vor jedem kleinen Problem kapitulieren muss.

In einer Zeit, in der es für alle Menschen darum geht, sich zu entfalten und den eigenen Lebensplan umzusetzen, um letztlich glücklich zu sein, ist es natürlich ziemlich unpraktisch, wenn man zuerst immer darüber nachdenkt, warum etwas nicht funktionieren kann, anstatt Wege zu suchen, wie es das doch tut. Deshalb ist es mir heute ein Bedürfnis, Sie zum Nachdenken anzuregen. Stellen Sie sich doch einmal die folgenden Fragen- einfach nur zum Spaß:

  • Wie ist üblicherweise meine erste automatische Reaktion, wenn ich mich mit einem Hindernis konfrontiert sehe?
  • Falls ich dazu neige, zuerst die Dinge zu sehen, die verhindern, dass ich mein Ziel erreiche: In welchen Situationen hat das dazu geführt, dass ich ein Vorhaben aufgegeben habe, obwohl es im Nachhinein betrachtet vielleicht doch einen gangbaren Weg gegeben hätte?
  • Was kann ich tun, um meinen Blickwinkel zu verändern?

Ich denke, es wird mir niemand widersprechen, wenn ich sage, dass es für die persönliche Entfaltung und das eigene Glücklichsein hilfreicher ist, zuerst einmal anzunehmen, dass ein Ziel erreichbar ist, und bei Hindernissen nach Lösungen zu suchen, als wenn man von vorneherein daran zweifelt und sich beim ersten Problem selbst sagt: “Ich wusste doch, dass es nicht funktionieren kann!”

Der Winter ist zwar noch nicht ganz vorbei, dennoch möchte ich heute zu frühlingshaftem Mut zum Optimismus aufrufen. Wenn es nicht schon so ausgelutscht wäre, würde mir sogar ein “Yes, we can” aus der Feder fließen 😉

Der Spruch “Wo ein Wille ist, ist ein Weg” drückt es ziemlich gut aus, wenn man ihn ein wenig relativiert, indem man erkennt, dass es sinnvoll ist, den eigenen Willen zu modifizieren, wenn man feststellt, dass man gerade “mit dem Kopf durch die Wand” will. Wie bei allem im Leben sind Extreme auf die Dauer schädlich. Auf das richtige Gleichgewicht zwischen Durchsetzungskraft und Nachgiebigkeit kommt es an.