Heute auf Spiegel Online: “Der britische Klitschko-Bezwinger und Boxweltmeister Tyson Fury hat sich in einem Interview für ein Verbot von Homosexualität ausgesprochen. Es gab heftige Proteste, jetzt ermittelt die Polizei wegen der homophoben Äußerung.”
Es steht vollkommen außer Frage, dass der Typ offensichtlich nicht mehr alle Latten am Zaun hat und sich mit so einer Äußerung – er stellt unter anderem Homosexualität und Pädophilie auf die gleiche Stufe – nicht wirklich Freunde macht. Aber ist das gleich ein Grund, dass der Staat eingreifen soll oder muss?
Um es direkt vorweg zu sagen: Ich bin nicht dieser Meinung! Im Gegenteil. Eines der höchsten Güter in einer liberalen Gesellschaft ist das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ein fälschlicherweise Voltaire zugeschriebenes Zitat, das jedoch tatsächlich von Evelyn Beatrice Hall stammt, bringt es auf den Punkt:
“Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen.”
Natürlich hat auch das Recht auf freie Meinungsäußerung seine Grenzen, nämlich da, wo es persönlich beleidigend wird. Wenn also jemand öffentlich sagt: “Herr XYZ gehört für mich in Gefängnis, weil er als Homosexueller ebenso kriminell ist, wie ein Pädophiler”, dann ist das sicherlich eine Beleidigung, insbesondere deshalb, weil sich die Aussage gegen eine namentlich benannte Person richtet.
Wenn sich aber jemand von einer zwar idiotischen, aber sehr pauschalen Aussage wie der von Tyson Fury so persönlich angegriffen fühlt, dass er nach Justiz und Gesetzgeber ruft, dann ist er meiner Meinung nach selbst Teil des Problems. Man muss die Meinung anderer, und unterscheide sie sich auch noch so sehr von der eigenen, auch mal aushalten können.
Solche Vorfälle sind symptomatisch für die Richtung, in die sich der Mainstream der Gesellschaft momentan entwickelt. Zusammen mit Themen wie Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung und der insgesamt zunehmen Datensammelwut von staatlichen Stellen und privatwirtschaftlichen Unternehmen, stimmt mich das Ganze sehr nachdenklich. Es hat den Anschein, als ob wir gerade dabei wären, die Freiheit, die wir uns über die Jahrhunderte mühsam erkämpft und mit viel Leid erkauft haben, nahezu widerstandslos wieder aufzugeben.
Ich bin jedoch der Meinung, dass es keine neue Revolution braucht, sondern ein Umdenken jedes einzelnen: Lasst doch die anderen denken, was sie wollen. Lasst sie im existierenden rechtlichen Rahmen auch sagen, was sie wollen. Hört auf, wegen jeder Kleinigkeit nach der Polizei zu rufen! Seid selbst so stabil, dass Ihr es aushalten könnt, wenn Ihr zufällig Teil einer Gruppe seid, die von irgendeinem Idioten pauschal beleidigt wird. Dieser Vollpfosten kennt Euch nicht und meint Euch auch nicht persönlich. Er drückt letztlich nur seine eigenen Probleme aus – und das ist genauso sein Recht, wie es Euer Recht ist, das zu sagen und zu leben, was Ihr wollt!