Dieser Artikel dient hauptsächlich dem Ziel, mir dabei zu helfen, meine Gedanken und Erkenntnisse zu ordnen und in Form zu bringen. Er soll niemanden, der sich vielleicht persönlich angesprochen fühlt, beleidigen. Wenn er jedoch dazu führt, dass sich der eine oder andere Leser ermutigt fühlt, den Blick nach innen zu wagen, dann hat es sich doppelt gelohnt, diesen Artikel zu schreiben.
Schon seit ich mich mit dem Thema Spiritualität beschäftige ist mir aufgefallen, dass es irgendwie zwei verschiedene Arten davon zu geben scheint. Eine fühlt sich hohl und leer an, die andere hat auf eine bisher für mich nicht greifbare Weise mehr Substanz. Die ganze Zeit habe ich mich immer gefragt, wie ich dieses Gefühl in Worte fassen kann, und woran es liegt, dass sich die einen “Spirituellen” anders anfühlen als die anderen.
Heute bin ich der Lösung dieses Themas einen großen Schritt näher gekommen. Während des wunderbaren Workshops mit Daniel Mapel, bei dem es um die Arbeit mit dem inneren Kind, und die Aufarbeitung von emotionalen Verletzungen aus der Kindheit geht, kam mir der Geistesblitz, dass es genau das ist, was die beiden Geschmacksrichtungen der Spiritualität unterscheidet.
Da gibt es einerseits diejenigen, die ihren Blick gen Dimension 27 richten und versuchen, auf schnellstmögliche Weise das zu erreichen, was man langläufig den “Aufstieg” oder das “Erwachen” nennt – wie auch immer das im Detail aussehen mag. Oft sind das Menschen, die betont verständnisvoll, mitfühlend und tolerant sind. Wenn ich mir solche Personen jedoch mit dem Herzen ansehe, dann kann ich in der Regel klar spüren, dass es sich dabei um wenig mehr als eine aufgesetzte Haltung handelt, also nur um eine weitere Maske, von denen wir ohnehin schon so viele tragen. Unter der Toleranz und dem Mitgefühl sind oft Trauer, Wut, Zorn und mitunter sogar Hass zu spüren. Diese (echten) Gefühle werden jedoch hinter einem Vorhang von “spiritueller Reife” verborgen.
Und dann gibt es da noch die anderen Menschen, denen man ihre Einstellung ohne darüber nachdenken (oder -fühlen) zu müssen sofort abnimmt. Man spürt deutlich, dass sie das, was sie sagen nicht nur meinen, sondern auch leben. Diese Menschen sind in der Lage, nicht nur die “guten” Emotionen wie Liebe, Mitgefühl und Dankbarkeit auszudrücken, sondern im Zweifelsfall auch mal traurig, wütend oder angefressen zu sein. Und auch diese Emotionen sind authentisch, denn sie sind sowohl normal als auch schnell vorübergehend.
Was ist es nun also, was hier den Unterschied ausmacht? Mein Geistesblitz von heute morgen lautet wie folgt: Wir sind Menschen, die auf dieser Erde leben und so gut wie jeder trägt aufgrund von Verletzungen, die in der Vergangenheit passiert sind, sei es in der Kindheit oder später, emotionalen Ballast mit sich herum. Dieser Ballast sorgt dafür, dass wir auf bestimmte Auslöser mit bestimmten Verhaltensweisen oder Emotionen reagieren, die sich nicht gut anfühlen. Wir können damit auf verschiedene Weise umgehen: Entweder wir suchen uns einen Weg, den emotionalen Ballast ein für alle Mal aufzulösen, oder wir nehmen einen großen Eimer spiritueller Farbe (extra stark deckend) und pinseln die Wackersteine, die wir in unserem Rucksack mit uns herumtragen, rosa an und behaupten fürderhin, es seien federleichte Seifenblasen. Die Erkenntnis, welche von beiden Optionen tatsächlich zu Wachstum und Reife führt, überlasse ich jedem Leser selbst.
Ich neige zu der Einschätzung, dass die Menschen, deren Spiritualität hohl und aufgesetzt wirkt, eher die zweite Option gewählt haben, während die anderne, authentisch rüberkommenden Menschen den etwas anstrengenderen, aber dafür nachhaltigen Weg gewählt haben, sich um ihre Themen ernsthaft zu kümmern.
Natürlich ist es auch in Bezug auf dieses Thema nicht so, dass es nur schwarz und weiß gibt und alles, was nur dazwischen denkbar ist, wird auch im echten Leben vorkommen. Dennoch bin ich heute recht glücklich, denn zumindest für mich ist dies ein schöner Schritt zur Erklärung meiner Wahrnehmungen in meiner Welt.
Noch einmal: Es ist nicht meine Absicht zu beleidigen oder die Einstellung von Menschen schlecht zu machen. Vielmehr möchte ich mit diesem Artikel zum Nachdenken anregen. Wir sind nun einmal auf dieser Welt inkarniert, und hier gibt es für uns offensichtlich einige Dinge zu erledigen. Wenn wir direkt danach streben, in den Sphären der rosa Blümchen-Spiritualität zu entschweben, dann ist das nicht mehr als nur eine weitere Vermeidungsstrategie, die letztlich zum Scheitern verurteilt ist. “First things first”, wie man so schön auf Englisch sagt. Unsere Aufgabe ist es, uns zuerst um die handfesten Themen und Probleme in unserem Leben zu kümmern – danach können wir in permanentem Entzücken dem Erwachen entgegengehen … wobei ich persönlich die Heilung der eigenen Vergangenheit schon als einen großen Teil dieses Wegs ansehe.