Alltägliche Schizophrenie

Als Apple damals den Fingerabdrucksensor für die Touch ID eingeführt hat, gab es einen großen Aufschrei. “Wir geben unsere Fingerabdrücke doch nicht an Apple!” war allerorten zu vernehmen. Das war damals schon offensichtlich ein künstliches Sich-aufregen-wollen, denn wer in den letzten Jahren einmal ins Ausland geflogen ist, der hat mit ziemlicher Sicherheit bei der Einreise seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Wenn man gar in die USA geflogen ist, musste man obendrein auch noch einen “Mugshot” machen lassen, sozusagen ein präventives Fahndungsbild. Wer sich also um die Privatsphäre seiner Fingerabdrücke Sorgen macht, dem sei gesagt: Mit außerordentlich großer Wahrscheinlichkeit hat die NSA die ohnehin bereits in ihrer Datenbank – kein Grund sich viele Gedanken um Apple zu machen.

Die alltägliche Schizophrenie zeigt sich jedoch in diesen Tagen besonders deutlich. Apple tut offensichtlich alles, um die im iPhone gespeicherten Fingerabdruckdaten zu sichern. Wenn von Dritten der Fingerabdrucksensor manipuliert (also beispielsweise ausgetauscht) wird, dann verweigert das Telefon fürderhin die Arbeit – theoretisch wäre es ja möglich, dass es jemand auf die sensiblen Daten abgesehen hat oder den gespeicherten Fingerabdruck missbrauchen will.

Zugegeben, das iPhone komplett lahmzulegen, schießt etwas über das Ziel hinaus. Das hat auch Apple eingesehen und einen Patch bereitgestellt, mit dem sich deaktivierte Telefone wieder gangbar machen lassen. Der Touch-ID-Sensor bleibt jedoch – mit Fug und Recht, wie ich finde – deaktiviert. Der Tenor in der Presse sieht diese Einschränkung als Wermutstropfen – frei nach dem Motto: Wasch mich, aber mach mich nicht nass …

Mir bleibt wieder einmal nur, den Kopf darüber zu schütteln.

Wenn doch nur alles so wär’ … (wie AppleCare)

Das 5W Netzteil meines iPhones macht Probleme. Kann passieren – Shit happens. Nach wenigen Minuten Textchat mit einem Apple Mitarbeiter (auf den ich keine 10 Sekunden warten musste) bekomme ich die Zusage, dass das Teil ausgetauscht wird. Noch am selben Tag erhalte ich eine E-Mail, dass das neue Netzteil unterwegs sei. Ablauf und Zeitaufwand: Vorbildlich.

Nun ist das Teil heute noch immer nicht da – offensichtlich wurde es mit der Briefpost versandt. Dennoch erinnert mich Apple freundlich daran, dass ich das defekte Teil zurücksenden soll (geht aber nicht ohne Retourenaufkleber). Und dann steht ja auch noch die Kaution im Raum, die sie auf meiner Kreditkarte geblockt haben.

Diesmal ein Anruf bei AppleCare. Weil ich vor längerer Zeit schon meine Rufnummer hinterlegt und zugestimmt habe, dass die Apple Support Hotline mich an der Telefonnummer erkennen darf, läuft das Gespräch wie folgt ab:

Apple Automat: “Tuuut … ratter, ratter … Hallo Carsten, rufen Sie wegen einer aktuellen Reparatur an?”

Ich: “Ja!”

Apple Automat: “Ok, ich verbinde Sie zu einem Mitarbeiter, der Ihnen weiterhelfen kann.”

Keine 10 Sekunden später:

Apple Mitarbeiterin: “Hallo, mein Name ist XYZ. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?”

Es gab 1-2 Dinge zu klären, jetzt weiß ich, dass der Briefversand von Apple auch mal ein paar Tage länger dauern kann (kein Problem!) und dass ich das defekte Netzteil (natürlich) dann zurückschicke, wenn das neue da ist. Um meine Kaution muss ich mir keine Sorgen machen. Mein Resumée:

  • Dauer, bis ich eine Mitarbeiterin am Rohr hatte: Geht nicht besser.
  • Kompetenz, Freundlichkeit und Motivation, mein Problem zu lösen: Vorbildlich
  • Ergebnis: Ich habe alle Infos, die ich brauche, mein Problem ist erstmal gelöst.

Danke, Apple! Wenn doch nur alle Service Hotlines so gut wären, wie Eure. Und jedes Mal, wenn ich beim Kauf eines Eurer Gadgets etwas mehr Geld auf den Tisch lege, als bei der Konkurrenz, denke ich mit einem wohligen Schauer auf dem Rücken daran, dass ich es gerne tue – weil Eure Produkte einfach hübscher aussehen, eine fantastische Qualität haben und weil Ihr mich auch bei Problemen nicht am langen Arm verhungern lasst.

Mac OS X: Mehrere E-Mail Adressen mit einem Account in Apple Mac Mail verwenden

Beim Einrichten einer neuen E-Mail Adresse bin ich gerade über eine interessante Neuerung in Mac OS X 10.11 El Capitan gestolpert. Beim Anlegen von Aliasen für E-Mail Konten (also wenn Mails an verschiedene E-Mail Adressen in ein und demselben Postfach landen) muss man sich nicht mehr mit dem hier beschriebenen Trick behelfen – es gibt jetzt eine saubere und ordentliche Möglichkeit, Aliase für Postfächer zu definieren. Und das Beste: Man kann im Gegensatz zu früher auch den Anzeigenamen für jedes Alias einzeln festlegen 🙂

Wie geht es? Ganz einfach: Man öffnet die Einstellungen von Mail (⌘,), geht dort auf Accounts und wählt den entsprechenden Account aus. Im Tab Accountinformationen gibt es ein neues Dropdown mit der Bezeichnung Alias. Dort kann man die neuen Aliase eintragen. Diese stehen dann direkt beim Verfassen neuer E-Mails zur Verfügung. Praktisch.

apple-mail-alias

Ich mag Facebook

In den letzten Jahren ist es mehr und mehr in Mode gekommen, alles erst einmal schlechtzureden, sogar den aktuell niedrige Benzinpreis und seine Ursache, den extrem niedrige Ölpreis, der außer für die Ölmultis für niemanden ein Problem darstellt. Dann sollen sie halt ein paar Milliarden weniger Gewinn im Jahr machen.

Auch die sozialen Netzwerke werden gerne immer wieder als der Untergang des Abendlandes dargestellt. Sie würden die Kommunikationskultur zerstören, sagt man. Ich sehe das nicht so. Wahr ist, dass das Internet und die sozialen Netzwerke die Kommunikationskultur grundlegend verändern – aber das hat das Telefon im letzten Jahrhundert auch getan und wir haben es überlebt. Wahr ist auch, dass es Fälle gibt, in denen speziell Jugendliche, manchmal aber auch gestandene Erwachsene, es einfach übertreiben. Wahrscheinlich gibt sogar auch Fälle, in denen Menschen einer Art Internet-Sucht verfallen. Aber das sind wohl eher Einzelschicksale.

Bei Internet und sozialen Medien ist es wie mit allem im Leben: Die Dosis macht es. Wenn man sein persönliches Gleichgewicht zwischen persönlicher und elektronischer Kommunikation findet, dann sind die sozialen Netzwerke eine wirklich große Bereicherung. Kleines Beispiel: Ich habe gestern eine kurze nostalgische Notiz in Bezug auf meine alte Schule auf Facebook gepostet. Innerhalb von Minuten haben sich ehemalige Mitschüler, die inzwischen in ganz Deutschland verstreut leben, dazu geäußert. Es gab einen netten kurzen Austausch von alten Erinnerungen, der ohne das Internet vollkommen unmöglich gewesen wäre.

Für mich ist Facebook ein Mittel, um mit alten und neuen Freunden auf der ganzen Welt in Kontakt zu bleiben. Ich mag Facebook. Und alles, was ich nicht mag, blockiere, ignoriere oder entfreunde ich 😉

Warum ich Apple Produkte mag

Warum ich die Produkte von Apple mag und sie jedem Microsoft/Samsung/Google Krempel vorziehe? Ein Grund ist dieser:

Das über sechs Jahre alte MacBook Pro meiner Schwiegermutter hat seinen Geist aufgegeben – trotz seines Alters hätte es übrigens immer noch unter dem aktuellen OS X laufen können. Aber shit happens.

Festplatte ausgebaut, ins externe USB Dock gesteckt, einfach irgendeinen(!) anderen Mac im Haus von der nun externen Platte gebootet – et voilà: Das gerade noch gestorbene System ist zumindest zeitweise wieder zum Leben erwacht, damit ich die Daten sichern und umziehen kann. Kleine Randbemerkung: Die Nummer hatte insgesamt schon etwas von “Ghost – Nachricht von Sam” 😉

Musste ich einen Treiber installieren? Nö. Hochfahren im Safe-Mode? Keine Spur. Irgendwelche Klimmzüge, um von der externen Platte zu booten? Nicht die Bohne. Der andere Mac ist einfach mit dem alten System hochgefahren, als hätte er nie etwas anderes gekannt. Ist übrigens ein iMac von 2007, der unter Yosemite (bald unter El Capitan) läuft 😀

Die ganze Sache war in fünf Minuten erledigt. Danke, Apple!

Wir helfen der NSA

Gerade habe ich ein besonderes Sahnestückchen im Netz gefunden: Die neue smarte Überwachungskamera von Netatmo für den Home-User. Ich zitiere:

“Mit Welcome möchte Netatmo den Durchbruch im Smart Home-Kameramarkt schaffen. Welcome bezieht sich auf Leute mit ihrem Namen und benachrichtigt den Anwender, wenn ein unbekanntes Gesicht auftaucht. Die Kamera lernt die Identifikation jedes Familienmitglieds. Mit anderen Worten: Die Kamera muss zunächst angelernt werden, so dass die die verschiedenen “Berechtigten” erkennt. Somit erhalten Anwender die Möglichkeit, sofort zu wissen, wer sich im Haus oder in der Wohnung befindet.”

Wie cool … dann braucht die NSA noch nicht einmal mehr eigenes Equipment vor Ort zu bringen.

Gibt es eigentlich ein Emoticon das ausdrückt, dass einem das Lachen gerade im Halse steckenbleibt?

Neulich beim Adobe Support

1. Versuch, Stimmungsbarometer: Heiter bis sonnig.

(Warteschleife – ca. 10 Minuten)

Adobe: “Guten Tag mein Name ist xyz, wie kann ich Ihnen helfen?”

Ich: “Ich brauche ein Rechnungsduplikat, das ich mir online nicht ausdrucken kann. Es kommt eine Fehlermeldung.”

Adobe: “Bitte nennen Sie mir zum Abgleich noch einmal den Namen, die vollständige Anschrift und die Telefonnummer, falls wir unterbrochen werden”

Ich: “Carsten Sann, …”

Adobe: “Vielen Dank, ich sehe mir die Rechnung an …”

(Ohne Vorwarnung erneut die Warteschleife. Nach weiteren 5 Minuten wird die Verbindung unterbrochen. Ein Anruf durch den Adobe Mitarbeiter erfolgt erwartungsgemäß nicht.)

2. Versuch, Stimmungsbarometer: Heiter bis wolkig, Regenwolken ziehen am Horizont auf.

(Warteschleife, wieder 10 Minuten)

Adobe: “Guten Tag mein Name ist xyz, wie kann ich Ihnen helfen?”

Ich: “Ich habe gerade schon einmal angerufen, die Verbindung wurde jedoch getrennt. Ich brauche ein Rechnungsduplikat, das ich mir online nicht ausdrucken kann. Es kommt eine Fehlermeldung.”

Adobe: “Bitte nennen Sie mir zum Abgleich noch einmal den Namen, die vollständige Anschrift und die Telefonnummer, falls wir unterbrochen werden”

Ich (seufzend): “Carsten Sann, …”

Adobe: “Vielen Dank, ich sehe mir die Rechnung an. Ich bin sofort wieder da …”

(Warteschleife, nach ca. 10 Minuten lege ich auf)

3. Versuch, Stimmungsbarometer: Unwettergefahr

(Warteschleife, wieder 10 Minuten)

Adobe: “Guten Tag mein Name ist xyz, wie kann ich Ihnen helfen?”

Ich (gereizt): “Ich habe gerade schon zwei Mal angerufen, die Verbindung wurde beim ersten Mal getrennt, beim zweiten Mal habe ich nach 10 Minuten Warteschleife aufgelegt. Ich habe inzwischen fast eine Stunde meiner Lebenszeit in der Adobe Warteschleife verbracht und möchte Sie bitten, mich nicht wieder dahin zu legen. Ich brauche ein Rechnungsduplikat, das ich mir online nicht ausdrucken kann. Es kommt eine Fehlermeldung.”

Adobe: “Bitte nennen Sie mir zum Abgleich noch einmal den Namen … ach, das haben Sie heute wohl schon oft genug getan”

Ich (seufzend): “So ist es!”

Adobe: “Hmm … ich kann die Rechnung auch nicht aufmachen. Ich muss das an die Fachabteilung weiterleiten. Sie bekommen jetzt gleich eine E-Mail Bestätigung und sobald ich die Rechnung habe, schicke ich sie Ihnen ebenfalls per E-Mail. Erfahrungsgemäß kann das bis zu einer Woche dauern.”

Ich (leicht erfreut über die wenn schon nicht befriedigende, dann doch halbwegs kompetente Äußerung): “In Ordnung.”

Adobe: “Also ich schicke Ihnen wie gesagt jetzt gleich eine Bestätigung per E-Mail. Die Rechnung schicke ich Ihnen dann sobald ich sie habe.”

Ich (verwundert): “Ja, das machen wir so.”

Adobe: “Gut. Sie bekommen also gleich eine E-Mail mit einer Bestätigung und dann in etwa einer Woche …”

Ich (genervt): “Das habe ich verstanden vielen Dank!”

Adobe: “Ich kann mich nur noch einmal dafür entschuldigen, dass meine Kollegen das nicht hinbekommen haben. Ich schicke Ihnen dann eine Bestätigung per E-Mail und später die Rechnung”.

Ich (resigniert): “In Ordnung – vielen Dank und auf Wiederhören!”

Adobe (zu einem weiteren Satz ansetzend): “Und … ähm. Ja, auf Wiederhören.”

Stimmungsbarometer: suizidal, alternativ deutliches Bedürfnis, den Kopf gegen die Tischplatte zu schlagen.

In einer Unternehmenskultur, in der Prozesse bis zum Gehtnichtmehr optimiert und Menschen zu reinen biologischen Handlangern der IT Systeme degardiert werden muss man sich über solche Erlebnisse nicht wundern. Leider fällt es auch schwer, sie zu ertragen …

Der auf der Lichtwelle reitet

Der Anlass, eine erneute Zwischenbilanz über meine Zeit mit dem “Giganetz” zu veröffentlichen ist zwar kein angenehmer, dafür aber auch der einzige seiner Art bisher und deswegen nicht überzubewerten.

Heute um 11:13 Uhr, mitten in der Arbeit, ist meine Nabelschnur zur digitalen Welt plötzlich zusammengebrochen. Neustart der FRITZ!Box, Neustart des Glasfasermodems – nichts war in der Lage, mich wieder mit dem elektronischen Puls der Informationsgesellschaft zu verbinden. Glücklicherweise gibt es ja inzwischen LTE und damit eine Möglichkeit, auch ohne die vollkommen veraltete Glasfasertechnik ins Internet zu gehen. Dennoch – das Problem musste gelöst werden.

Erster Anruf bei der Glasfaser-Hotline: Ein kurzer Test ließ die freundliche und kompetente Mitarbeiterin direkt die weiße Flagge hissen und sie deligierte den Fall weiter zum 2nd Level Support. Die würden sich in den nächsten zwei Stunden melden. Ehrlich, kurz und schmerzlos.

Keine Stunde später dann eine Textnachricht auf dem privaten Festnetzanschluss, der noch mit ISDN läuft und gottseidank noch funktionierte. Textnachricht auf dem ISDN Telefon? Ähmm … genau. Ziemlich ungewohnt, aber pragmatisch. Man teilte mir die Ticketnummer mit. Für ein Telekommunikationsunternehmen ein erstaunlich kundenfreundlicher Akt, insbesondere deshalb, weil er unaufgefordert stattfand.

Kurz darauf die zweite (Text-) Mitteilung, die mein Herz höher schlagen ließ: Man habe den Fehler gefunden und beschäftige sich inzwischen mit seiner Behebung. Doch die Freude währte nur einige Minuten denn die dritte ISDN-SMS in meinem Leben an diesem Tag ließ mich wissen, dass nun ein Techniker ausrücken würde und ich solle mich bereithalten, falls er zu uns ins Haus müsse. Also warten …

Nach dem Mittagessen habe ich gegen halb zwei dann doch nochmal bei der Telekom angerufen. Die Mitarbeiterhin hat mich kalt erwischt indem sie mir mitteile, dass ihr System ihr sage, dass eine Glasfaserverbindung beschädtigt, der Techniker bereits an der Arbeit sei und die Behebung für den Zeitraum zwischen 14.00 Uhr und 14.30 Uhr erwartet werde. Keine Chance für mich, um auch nur ein klein wenig zu meckern. Wie fies.

Zu allem Überfluss hat die Telekom es dann auch noch gewagt, im vorausberechneten Zeitraum mit der Reparatur fertig zu werden … naja, sagen wir 14.30 Uhr c.t. Danach schnurrte die Glasfaser wieder wie ein zufriedenes kleines Kätzchen.

Fazit des heutigen Tages: Wenn man Manns genug ist, dem Rosa Riesen zuzugestehen, dass auch dort nur Menschen und menschliche Technik arbeiten und Fehlfunktionen einfach vorkommen können, dann war der Umgang mit derselben heute vorbildlich. Ich bin beeindruckt und wieder einmal froh, nicht bei den Seelenfängern von der Konkurrenz gelandet zu sein.

Wenn man das Gesamtbild betrachtet, dann ist das Giganetz trotz seines jugendlichen Alters erstaunlich stabil und schnell. Bis jetzt habe ich keine Sekunde bereut, hier Pionier zu sein. Prädikat: Nach wie vor empfehlenswert 🙂

Großkonzernprozesse

Gerade hatte ich wieder ein denkwürdiges Erlebnis mit der Deutschen Telekom, genauer T-Mobile. Noch genauer gesagt ist dies die Fortsetzung eines Desasters, das bereits Anfang der Woche begonnen hat …

Irgendwann kommt man in die Verlegenheit, dass die Kinder (trotz beständigen Quengelns seit sie sechs Jahre alt sind) tatsächlich eine zumindest zeitweise sinnvolle Verwendung für ein Handy haben. Das im Schrank liegende Ersatzhandy muss also fit gemacht werden, damit es die Große verwenden kann, wenn die Situation es erfordert. So etwas macht man optimalerweise mit einer Prepaid Karte, bei der man alles, was richtig Geld kostet (0900er Nummern und Konsorten) vom Netzbetreiber sperren lässt. Meine erste Wahl fällt hier auf die Telekom, da auch unsere Handyverträge vom rosa Riesen sind. Eine kurze Recherche auf der Website ergibt, dass die Telekom passende Prepaid Karten im Angebot hat, nur ob man den teuren Kram auch sperren lassen kann, verrät das Internet nicht.

In meinem grenzenlosen Leichtsinn bin ich also Anfang dieser Woche zum Telekom-Laden gegangen, um zu fragen, ob entsprechende Sperren möglich sind. Das menschliche Gehirn besitzt die außergewöhnliche, und für das Überleben der Art notwendige Fähigkeit, zur selektiven Verdrängung – ansonsten würde wahrscheinlich keine Frau die Schmerzen der Geburt ein zweites Mal in Kauf nehmen … Meine selektive Verdrängung bestand in diesem Fall darin, dass ich komplett ausgeblendet habe, dass der Telekom-Laden in Aschaffenburg viel zu klein dimensioniert und dementsprechend immer gerammelt voll ist. So auch Anfang der Woche. Nach fünf Minuten des geduldigen Wartens (und immer noch denselben Leute bei den Beratern wie zu Beginn) habe ich entschieden, dass mir meine Zeit zu wertvoll für so einen Quatsch ist. Schließlich kann man die Prepaid Karte ja auch im Internet bestellen.

Ab nach Hause, die Telekom angerufen um meine Fragen beantwortet zu bekommen: “Ja, die Sperren kann man auch bei einer Prepaid Karte setzen”. Am besten, ich bestelle gleich telefonisch.

Telekom: “Sind Sie damit einverstanden, per Nachnahme zu bezahlen?”

Ich: “Nein, das möchte ich nicht”

Telekom: “Dann können Sie leider nicht telefonisch bestellen. Ich kann nur per Nachnahme versenden.”

Ich: “Kann ich denn, wenn ich im Internet bestelle, per Kreditkarte, Lastschrift, etc. bezahlen?”

Telekom: “Nein, das geht leider auch nicht. Wenn Sie nicht per Nachnahme zahlen möchten, dann müssen Sie die Karte im Telekom-Laden kaufen.”

Ich: “Da war ich schon …” (Schaum vor dem Mund)

Letztlich hat eine vorsichtiges Heranpirschen an den “Zahlungspflichtig bestellen” Button im Telekom Onlineshop ergeben, dass man doch eine ganze Reihe von Zahlungsmöglichkeiten hat. “Nachnahme” war übrigens nicht dabei …

Die Karte ist dann auch tatsächlich zwei Tage später, also heute angekommen. Auspacken, reinstecken und gut … ähm Moment. Die Karte muss noch aktiviert werden. Wie geht das nochmal? Ich schau mal in die Unterlagen, die dabei sind. Sehr gut und idiotensicher beschrieben ist, wie man das erste Telefonat führt nachdem die Karte aktiviert wurde. Wie man die Aktivierung selbst durchführt? Kein Wort. Immerhin ein Hinweis auf die Website. Der führt mich dann über einen professionell versteckten, winzig kleinen Link auf eine Seite, auf der ich angeblich meine Karte aktivieren lassen kann.

Nur noch Kartennummer, Rufnummer und ein Captcha eingeben, und dann kann das Handyglück meiner Tochter beginnen. Ein Klick auf den OK Button auf der Seite bringt jedoch die nächste herbe Enttäuschung: Die Karte kann nicht aktiviert werden – bitte wenden Sie sich an den Kundendienst. Nunja … wenigstens steht eine 0800er Nummer dabei, auf der ich auch in angemessener Zeit eine freundliche Mitarbeiterin erreiche.

Ich bin inzwischen gewohnt, dass ich die betreffende Rufnummer bei den Telekom Hotlines einmal zur Befriedigung des Telefoncomputers eintippen muss, nur um sie dann anschließend dem Mitarbeiter noch einmal persönlich zu sagen, denn der kann natürlich nicht sehen, was ich eingetippt habe. Natürlich … so auch diesmal. Der eigentliche Hammer ist jedoch, dass mir die Dame am Telefon mitteilt, dass die Karte nur im … (genau) … TELEKOM-LADEN aktivierbar ist. Sie könne selbst die Karte auch nicht aktivieren.

Kurz bevor ich durch’s Telefon krieche um sie zu erwürgen, bietet sie mir dann doch noch einen Ausweg an: Sie könne die Sache aufnehmen und weiterleiten, damit würde sie mir dann großzügigerweise den Gang in die Stadt ersparen.

Nur noch mal zum Auf-der-Zunge-zergehen-lassen: Ich bestelle im Internet eine Karte, weil der Telekom-Laden chronisch überfüllt ist und soll die Karte dann an eben diesem Ort aktivieren lassen. Herzlichen Glückwunsch an den Nasenbär, der sich diesen Prozess ausgedacht hat!

Nachdem die Dame noch einmal alle meine Daten inkl. Geburtsdatum aufgenommen hat (warum eigentlich für eine Prepaid Karte??? Ich habe beim Geburtsdatum vorsichtshalber gelogen!), sagt sie mir zu, dass sie die Sache weiterleitet und dass die Karte in den nächsten Stunden freigeschaltet werden würde. Seufz.

Eigentlich sollte ich dankbar sein, dass ich heute mal wieder kostenlos großes Konzern-Kino erleben durfte. Nervig war es aber dennoch. Wenn die Karte dann auch tatsächlich irgendwann geht (jetzt, ca. vier Stunden nach Ende des Telefonats tut sie das noch nicht), dann will ich mal nicht so sein, und die mir angeborene Fähigkeit zur selektiven Verdrängung nutzen, um wieder ein braver, zufriedener Telekom-Kunde zu sein. Der einzige Trost dabei ist, dass die Berichte, die man von anderen Mobilfunkkonzernen hört, auch nicht viel besser sind. Eher im Gegenteil …

Nachtrag zum Netzgemüse

Im Epilog (e-Pilog) des soeben von mir zuende gelesenen Buchs findet sich eine Analogie, die so klar, eindrücklich und offensichtlich ist, dass ich hier noch teilen möchte:

“Der private Nahverkehr in Deutschland wird nicht eingestellt, wenn ihm knapp 4000 Menschen (2011) zum Opfer fallen, und wir verbieten unseren Kindern trotz der potenziellen Gefahr nicht, am Verkehr teilzunehmen, sondern bereiten sie, im Gegenteil, auf die aktive Teilnahme vor. Vernünftigerweise bekommen sie in der Schule Verkehrsunterricht, machen ihren Fahrradführerschein und werden privat von ihren Eltern verkehrsfit gemacht. Auch wenn wir wissen, dass der Straßenverkehr eine potenzielle Bedrohung darstellt, erklären wir ihnen, kaum dass sie laufen können, die Funktion einer Ampel, damit sie lernen, selbständig eine Straße sicher zu überqueren. […]

Seine Kinder nicht so früh wie möglich an die Nutzung digitaler Medien zu gewöhnen, sondern sie so lange wie möglich vom Computer fernzuhalten ist ebenso unverantwortlich, wie das andere Extrem, ihnen einen Rechner mit Internetanschluss ins Kinderzimmer zu stellen und sie damit sich selbst zu überlassen.”

(Tanja & Johnny Haeusler in “Netzgemüse“)

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen 🙂