Um es gleich vorweg zu sagen: Wer glaubt, in der Überschrift das Stilmittel der Ironie gefunden zu haben, der könnte richtig liegen 😉 Heute, am Samstag, ist außer Entspannung nichts weiter geplant gewesen. Eine kleine Wanderung am Vormittag, ein Besuch beim Moose Lake am Nachmittag und das war’s. Die Bären haben das jedoch anders gesehen und unsere Pläne im wahrsten Sinne des Wortes “durchkreuzt”.
Vom Camp sind wir eine gute halbe Stunde zum Lake Josephine gewandert und waren gerade dabei, die Schönheit dieses Platzes zu genießen, als das Wort “Bear” die Runde machte. Nach kurzem Suchen konnten wir eine Schwarzbären ca. 100 m von uns entfernt am Ufer ausmachen. Offensichtlich war ihm heiß, denn er hat sich direkt ins kühle Wasser des Sees begeben um dort ausgiebig, man könnte fast sagen demonstrativ zu baden. Wir hatten gute 10 Minuten während derer wir ihn gut beobachten konnten. Die Wanderer, die nur wenige Meter von seinem Badeplatz entfernt dem Weg folgten, haben ihn meistens gar nicht bemerkt. Irgendwann hat er dann sein Bad beendet, sich an den Blüten und Blättern am Ufer gütlich getan und ist schließlich im Unterholz verschwunden.
Unser weiterer Weg hat uns zu einem sehr speziellen Ort auf dem Wanderweg entlang des Sees geführt – der Ort an dem Gabriel seine erste eigene Essenz hergestellt hat. In einer kleinen Zeremonie macht er für jeden von uns eine weitere Flasche der Grashüpfer Essenz. Ich bin gespannt, für was sie gut ist …
Kurz darauf erzählt uns ein vorbeikommender Wanderer, dass ca. eine halbe Meile weiter ein Grizzly gesehen wurde. Keine Frage, dass wir uns sofort auf den Weg machen. Wir laufen einige hundert Meter und je näher wir der besagten Stelle kommen, desto intensiver rufen wir, um dem Bären unsere Anwesenheit zu signalisieren. Eine der Grundregeln in der Wildnis ist: Überrasche niemals einen Bären, besonders keinen Grizzly. Die andere Grundregel lautet übrigens, dass man niemals vor einem Bären davonrennt – er hält einen sonst für Beute und er ist garantiert schneller als ein Mensch.
Als wir um eine Biegung kommen, ist Daniel noch damit beschäftigt, den Berghang rechts von uns abzusuchen, während Gabriel und ich den großen Grizzly links neben uns am Seeufer sehen. keine 15 Meter entfernt von uns. Es dauert einige Sekunden bis Gabriel und ich Daniel warnende Worte zurufen können. Daniel macht sich sofort groß indem er die Hände nach oben streckt und laut ruft. Es gelingt mir, einige Schnappschüsse von dem beeindruckend großen Bären zu machen, während wir uns langsam zurückziehen und der Grizzly gemächlich das Ufer erklimmt und in gut 10 Metern Entfernung vor uns über den Wanderweg läuft, um im Unterholz des Berghangs zu verschwinden. Wow! Von allen Begegnungen mit Tieren war dies bisher die intensivste. Ein wirklich heiliger Moment.
Der Rückweg ist davon geprägt, dass wir entgegenkommende Wanderer vorwarnen und schließlich in der nahen Ranger Station eine Meldung machen, damit diese ggf. Warnschilder anbringen kann.
Das Mittagessen nehmen wir im Many Glacier Hotel mit einem einmaligen Blick über den Lake Josephine ein. Anschließend geht es zurück zum Camp, um rechtzeitig mit Gabriel zum Moose Lake aufzubrechen, wo wir hoffen, einen Elchbullen zu sehen. Und auch hier ist uns das Glück hold. Entgegenkommende Wanderer berichten von einem großen männlichen Elch, der im See grast. Wir beeilen uns, den kurzen Weg zum Seeufer hinter uns zu bringen und kommen rechtzeitig, um den beeindruckenden Bullen gemächlich fressen zu sehen und ihn ausgiebig zu beobachten und zu fotografieren.
Ich habe das Gefühl, dass unsere Erlebnisse mit den Tieren von Tag zu Tag intensiver werden. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon, wie auf unserer letzten Wanderung der Reise drei Grizzlybären für uns eine Stepptanz aufführen 😉
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