Über den Umgang mit Rechtsradikalen auf Demonstrationen

Dass am 29. August bei der Großdemonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung auch Menschen mit extremen Ansichten – rechts wie links – dabei waren steht außer Frage. Dass ich diese Ansichten nicht teile steht für mich ebenso außer Frage. Auch wenn es in den Medien oftmals anders dargestellt wird, zweifle ich auch nicht an, dass die Anwesenheit von extremen Randgruppen keinen Einfluss auf die Grundstimmung der Zehntausenden von Demokraten während der Demonstration gehabt hat.

Wie so oft, richtet sich der Fokus der Öffentlichkeit nach der Demonstration jedoch weg von der sehr großen Masse der friedlich Demonstrierenden und hin auf die viel spektakuläreren und medienwirksameren Randgruppe, siehe “Sturm” auf den Reichstag und schwarz-weiß-rote Reichsflaggen.

Der Tenor in den entrüsteten Medien lautet: Wer gemeinsam mit Nazis demonstriert macht sich selbst schuldig. Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo sagt sogar in einem Video:

Wenn man beginnt, solche Leute in die Debatte zu holen, solche Leute als legitime Diskurspartner zu betrachten, dann hat man das Kunststück geschafft, zwar vielleicht nichts rechts zu sein, aber trotzdem zum Teil des Nazi-Problems in Deutschland zu werden.

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Abgesehen davon, dass ich keinerlei Lust habe, mich auf einen Diskurs mit Rechtextremen einzulassen und das, soweit ich mitbekommen habe, auch in Berlin niemand getan hat – was ist denn die politisch korrekte, möglichst konkrete Handlungsempfehlung hier?

Angenommen, Zehntausende Menschen ziehen friedlich demonstrierend durch die Straßen, und auf einmal gesellen sich ein paar Nazis mit Reichflaggen dazu, sollen dann alle pikiert aufschreien und sofort die Demonstration beenden, nur, um nicht “gemeinsame Sache” mit den Rechtsextremen zu machen? Oder sollen die Normalos die Nazis so lange in Diskussionen verwickeln, bis sie ihren Irrglauben erkennen und reumütig den rechten Rand verlassen? Bitte helft mir hier. Was sollen die Zehntausende tun? Außer dem natürlich, was sie ohnehin schon getan haben, nämlich die Spinner zu ignorieren.

Ich persönlich bin der Meinung, dass das Thema und das Statement einer Demonstration sich nicht deswegen ändert, weil ein paar Spinner sich anschließen und als Trittbrettfahrer versuchen, Aufmerksamkeit zu erheischen. Wäre ich in Berlin gewesen, hätte ich es als vollkommen ausreichend empfunden, mich von den Nazis fern zu halten und weiter mein Ding zu machen. Ich war zwar nicht dort, aber dennoch empfinde ich die demonstrativ vorgetragenen, kollektiven Kopfschmerzen der politisch ach so korrekten Medien und Politiker aufgrund der unzulässigen Pauschalisierung und fehlenden Alternativen als unerträglich.

Na klar ist es notwendig nicht mit Extremisten “gemeinsame Sache” zu machen. Aber nur, weil auf einer Großdemo mit 40.000 Menschen ein paar Hundert Nazis mit ein paar Flaggen auftauchen, diskreditiert das doch nicht all die, die ihr Grundrecht zu demonstieren friedlich genutzt haben. Eine Demokratie muss auch Spinner aushalten, und die beste Art und Weise das zu tun ist, ihnen keine Bühne zu bieten. Leider macht die Öffentlichkeit gerade das exakte Gegenteil. Aber vielleicht kommt es vielen auch einfach nur gelegen, dass ein paar Nazis mal wieder über die Stränge geschlagen haben. Ist ja so schön medienwirksam.

3 Antworten auf „Über den Umgang mit Rechtsradikalen auf Demonstrationen“

  1. Ich sehe da keinen Widerspruch. Die Veranstalter der Demos haben sich klar von Reichsbürgern etc. distanziert. Und Meinungsfreiheit gilt halt auch für Menschen, mit deren Ideen ich nicht übereinstimme. Auf welcher Grundlage sollten Ordner Menschen von einer Demo ausschließen können, nur weil sie rechte Parolen rufen?

    Und wenn sich “große Namen der rechten Szene” damit brüsten, dabei gewesen sein, sagt das nur, dass sie es halt alleine nicht schaffen, so viele Menschen zu bewegen. Darüber bin ich übrigens sehr froh 🙂

    1. “Symphatiebekundungen” von Rechten bei einer LGBT* Veranstaltung, nur um sich gegen den Islam positionieren zu können. Sind die gleichen Personen von Rechts, die gegen LGBT* hetzen wenn es um Regenbogenflaggen im öffentlichen Raum geht.

      Da rede ich nicht von der Uefa, sondern Unternehmen die sich seit Jahren offen gegen Diskriminierung jeder Art stellen.

  2. Wie mit Rechten auf einer Demo umgehen?
    Deine Antwort -> Da kann man nix machen, wenn die plötzlich auftauchen.

    Doch!
    Von vornherein können Veranstalter eine Demo mitteilen, dass Menschen mit diesem Gedankengut nicht erwünscht sind. Demoveranstalter und Demohelfer untersagen das verwenden bestimmter Parolen und Symbole, wer sich nicht dran hält wird von der Demo ausgeschlossen. Demohelfer sollten bei Demos in ausreichender Menge vorhanden sein sollten, selbst wenn 10.000 Menschen dabei sind.

    Wie du in einem anderen Beitrag als Überschrift schreibst, Handeln tut gut. Nicht nur Bewegungslos dastehen, sondern auch mal was sagen. Sich das als einzelner zu trauen ist schwierig, den Mut zu fassen und andere bitten einen dabei zu unterstützen stärkt dich selbst und andere mutiger zu werden.

    Übrigens die großen Namen der rechten Szenen, unter anderem Menschen aus Österreich, deutsche Wirtschaftsflüchtlinge die auf Mallorca oder Thailand leben (sehr patriotisch), liefen an diesem Tag in einem eigenen Block nicht wirklich an den Demo Hauptzug angeschlossen rum. Brüsten sich aber einer dieser 20.000 zu sein.

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