Kündigung

Sehr geehrte Damen und Herren,

(im Englischen würde man schreiben „to whom it may concern“, das passt noch besser),

hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft in der “Kirche des heiligen Coronavirus” mit sofortiger Wirkung. Meinen emotionalen Mitgliedsbeitrag bekommen Sie ab sofort auch nicht mehr.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Sann

Also, eigentlich habe ich da ja noch nie so richtig mit gemacht. War mehr das, was man so schön eine „Karteileiche“ nennt. Eingetreten bin ich auch nie – das ist so bisschen wie mit dem Christentum oder anderen Staatsreligionen. Da ist man einfach Mitglied, ohne dass man eine Chance gehabt hätten, nein zu sagen. Nur offiziell gekündigt hatte ich bisher noch nicht bei der „Kirche des heiligen Coronavirus“. Das habe ich jetzt nachgeholt.

Ich bin ein Mensch. Leben ist gefährlich. Das Leben ist sogar so gefährlich, dass es mit hundertprozentiger Sicherheit tödlich endet. Für jeden! Ohne Ausnahme!

Als ich geboren wurde, war mir der Tod bereits in die Wiege gelegt. Das ist so etwas wie das Kleingedruckte für den Planeten Erde. Ich war damit einverstanden. Klar, ich würde gerne noch ein bisschen hier bleiben und habe nicht vor, mich demnächst vom Acker zu machen. Aber passieren kann es trotzdem. Und ich habe höchstens ein klitzekleines bisschen Einfluss darauf.

Deshalb akzeptiere ich, dass es da draußen unglaublich viele Dinge gibt, die mich das Leben kosten könnten. Beispielsweise könnte mich morgen ein Stück Weltraumschrott erschlagen (Querverweis auf die Serie „Dead like me“. Sehenswert!). Oder – und ja, das ist eine Option – das Coronavirus erwischt mich und ich gehöre diesmal nicht zu den 99,6%, für die Covid-19 zwar ein bis zwei Wochen echt scheiße ist, die sich danach aber vollständig erholen.

Wenn man akzeptiert, dass das Leben inhärent tödlich ist, dann hat das einen großen Vorteil: Man kann die Zeit, bis es soweit ist, viel mehr genießen. Und das habe ich vor. Ich denke ja gar nicht daran, abends mit der Sorge einzuschlafen, dass mich morgen vielleicht jemand anstecken könnte. Ich glaube auch weiterhin an das Gute im Menschen – sowohl charakterlich als auch mikrobiologisch. Deshalb gebe ich denjenigen, die ich mag und die mich mögen auch weiterhin jederzeit gerne eine Umarmung.

Ich respektiere jedoch auch die Wahlfreiheit der Menschen. Wenn du dich entscheidest, mit Maske rumzurennen und Angst zu haben – wer bin ich, um zu versuchen, dich davon abzubringen. Aber auch ich bin frei in meiner Wahl, und ich wähle, keine Angst zu haben. Ich wähle, das Leben zu genießen. Ich wähle, mit dem Risiko zu leben, dass etwas schief geht, wenn ich bereit bin die Konsequenzen zu tragen. Es ist meine Entscheidung.

In eurer Kirche erzählen sie euch, dass Menschen wie ich rücksichtslos seien. Aber das stimmt nicht. Ich laufe dir ja nicht ohne Maske hinterher. Ich versuche auch nicht, dir zu erklären, dass das, was du glaubst falsch ist. Ich mache einfach mein Ding und respektiere, dass andere es anders machen. Wenn du dich schützen willst, dann tu das, meinen Segen hast du. Und ich mache trotzdem, was ich für richtig halte. So ist das halt mit der Verantwortung. Jeder trägt die seine für sich.

3 Antworten auf „Kündigung“

  1. Es gibt nicht nur Leben und Sterben, wieder mal schwarz-weiß gedacht.
    Mein Ziel ist ein langes, erfülltes Leben und ein Abschließen mit Zufriedenheit, ein Sterben am ENDE eines sinnvollen Lebens.
    Da ist es eben nicht egal ob man mit 30, 50, 70 oder 90 stirbt. Selbst meinen Eltern (80) wünsche und (so weit ich es kann) ermögliche ich ein solches Leben, einen solchen Abschluß, noch ein paar Jahre der Freude mit den Urenkeln, mit Ihren Kindern/Enkeln/Freunden. Sie haben es mehr als verdient!

    Wer mit den paar Beschränkungen die es bzgl. Corona gibt ein echtes Problem hat, der sollte sich baldmöglichst Hilfe suchen, denn es wird nicht das schlimmste Erlebnis im Leben bleiben, es werden andere Krisen kommen – ggf. ganz persönliche wie eben der (frühe) Tod lieber Mitmenschen …den genau diese Leute jetzt billigend in Kauf nehmen.

    Zynisch-lächerlich das zu versuchen zu überspielen, das wird Euch nicht gelingen, das hilft Euch sicher nicht.

    1. Lieber Maddin, da scheinen Sie, etwas an meinem Post missverstanden zu haben. Auch mein Ziel ist ein erfülltes, glückliches Leben. Deshalb habe ich ja in meinem Post auch diesen Satz geschrieben: “Wenn man akzeptiert, dass das Leben inhärent tödlich ist, dann hat das einen großen Vorteil: Man kann die Zeit, bis es soweit ist, viel mehr genießen.” Es mag jedoch durchaus unterschiedliche Wege geben, wie man Erfüllung findet …

  2. Ich glaube, daß das Leben ewig ist. Also kann ich während meiner Zeit auf Erden fatalistisch sein. Wie mein Großvater es sagte, was anderen geschieht wird mir auch geschehen.

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